Kolping: Wie katholisch bleiben? – Besinnungsabend mit Dr. Michael Höffner

“Wie einigen Christen so ist wohl auch uns das Kreuz aus dem Blickfeld geraten“, kommentierte Werner Schniedermann doppeldeutig das etwas verrutschte Erinnerungsfoto, das Kolping dennoch freigab: der Referent Dr Michael Höffner (Mitte), Werner Schniedermann, Sabina König vom Kol-pingvorstand, Präses Pfarrer Pawel Czarnecki

Jedes vierte Kirchenmitglied denkt laut Bertelsmann-Stiftung zurzeit über einen Kirchenaustritt nach, besonders die Jüngeren. Es wurde ganz still im Pfarrheim, als der Referent des Abends, Domkapitular Dr. Michael Höffner, in sehr persönlichen Worten schilderte, wie sehr auch ihn die Situation der Kirche belaste und dass auch er Mühe habe, den Kopf über Wasser zu halten. „Wie katholisch bleiben?“, diese Frage müsste er auch für sich selbst beantworten. Er bündelte dazu seine und die Gedanken kritischer katholischer Zeitgenossen, die öffentlich dargelegt hätten, warum sie in der Kirche blieben. Er zitierte aus einem „großartig formulierten Text“ des Journalisten Heribert Prantl, bis vor kurzem stellvertretender Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung. „Kirche ist für mich das, was es ohne sie nicht gäbe“, habe Heribert Prantl in der Jubiläumsausgabe in der Herder Korrespondenz in der Reihe “Was mich hält“ geschrieben. Es gäbe die Räume nicht, in denen Wörter wie Barmherzigkeit, Nächstenliebe und Gnade ihren Platz hätten. Es sei gut, dass es einen Ort gäbe, an dem das Kreuz sein zuhause habe. Ja, das Kreuz sei missbraucht worden, als Drohzeichen, als Mord- und Eroberungsinstrument. Dennoch: es bleibe das gute Zeichen des Christentums für einen Gott, der weiß, was Leiden sei.

Höffner zitierte den ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse, der auf die Frage, ob man ohne Kirche Christ sein könne, die zunächst überraschende Antwort: Ja, aber nicht lange. Man könne nicht allein Christi sein, wie man ja auch nicht allein Mensch oder Bürger sein kann. Der Münsteraner Religionssoziologe Detlef Pollack habe, so Höffner, betont: „Wer seine kirchliche Bindung aufgibt, bei dem lasse mit hoher Wahrscheinlichkeit die Religiosität nach.“ Für Pollack sind Glaube und Religion in starkem Maße soziale Phänomene. „Wer in den Gottesdienst geht, weist eine höhere Wahrscheinlichkeit auf, sein Leben nach den Grundsätzen des Glaubens auszurichten und sich zu engagieren.“

 Höffner stellte drei Punkte seines Kollegen Ulrich Lücke in den Raum die trotz Krise und Missstände, auf den Kern des Christentums als humanisierende Kraft deuteten. Erstens: „Weltumspannende Hilfswerke, die einer manchmal selbstzufriedenen behäbigen Gesellschaft ein aufrüttelndes Gewissen und eine hilfsbereite Hand verschafft.“ Zweitens: die Kirche als transnationale Gemeinschaft, „die für Menschenwürde, Friede, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung eintritt“. Und drittens: die Kirche als Kulturträger, die mit Nachdenklichkeit, existenzieller Sinnstiftung Menschen und Gesellschaft bis heute prägten.

Abschließend zierte Dr. Höffner Markus Lanz aus einem Artikel der Zeit, der die Selbstdemontage der Kirche beklagte in turbulenten Zeiten, wo die Kirche orientierenden Halt geben könnte: „Es geht nicht mehr mit dieser Kirche, aber in einer Welt ohne Kirche möchte man auch nicht leben.“ Der Weg in die Zukunft bestehe wohl darin, diese Spannung auszuhalten und weiterzugehen, schloss Dr. Michael Höffner. „In stürmischen Zeiten müsse man sich wohl wieder der Wurzel besinnen und die sei Jesus Christus,“ so ein Beitrag aus der abschließenden Diskussion mit den zahlreich erschienen Zuhörern.

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